Jahresbericht 2013 Internet - page 44

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AGV
INTERN
L FG F L I ESEN UND NATURSTE IN
K
aum Nachwuchs, hohe schä-
den, schlechter ruf - bilanz 10
Jahre fehlender meisterpflicht
Stand der Handwerksrolleneintragungen in der
Anlage B1 im Saarland seit der HWO-Novellierung
Evaluierung der HWO
gefordert!
Bereits im Januar 2013 wandten sich der
Fachverband Fliesen und Naturstein im
Zentralverband des Deutschen Bauge-
werbes und der Industrieverband Kera-
mische Fliesen + Platten e. V. mit einem
gemeinsamen Schreiben an Abgeordne-
te des Deutschen Bundestages und for-
derten eine Evaluierung der Novelle der
Handwerksordnung. Den beiden Ver-
bänden ging es letztlich um die Wieder-
einführung der Meisterpflicht im Flie-
senlegerhandwerk. Auch eine mögliche
Einführung einer Mindestqualifikation,
beispielsweise ein Gesellenbrief, sollte
dabei geprüft werden.
Seit der Novelle der Handwerksordnung
kann „jeder, der sich berufen fühlt, das
Fliesenlegerhandwerk ohne notwendi-
ge Vorbildung ausüben“, heißt es in dem
Schreiben. Und weiter „Das führt lang-
fristig zu einem dramatischen Verlust
von Wissen und Know-How.“ Das Nach-
sehen haben die Bauherren, die man-
gelnde Qualifikation des Verlegers führt
immer häufiger zu Mängeln bei Fliesen-
und Nautsteinarbeiten. Angeschrieben
wurden die Mitglieder des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Technologie des
Deutschen Bundestages. Dieses Gremi-
um ist in erster Linie bei einer Korrektur
der Handwerksordnung gefordert.
IG BAU und ZDB kommen in einer ge-
meinsamen Presseerklärung am 8. No-
vember 2013 zum gleichen Ergebnis.
Fazit: Kaum Nachwuchs, hohe Schäden,
schlechter Ruf - Bilanz zu 10 Jahren feh-
lender Meisterpflicht im Fliesenleger-
handwerk - Ohne Korrektur stirbt der
Berufszweig.
Die Abschaffung der Meisterpflicht im
Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhand-
werk war eine Fehlentscheidung zulas-
ten dieser Branche und der Verbraucher.
Die Qualität in dem einstigen Vorzeige-
Handwerk ist drastisch gesunken, die
Ausbildungsleistung eingebrochen.
Die Zahl der Fliesenlegerbetriebe hat
sich seit In-Kraft-Treten der HwO-Novel-
le mehr als verfünffacht. Waren im Jahr
2004 in Deutschland etwa 12.000 Flie-
senlegerbetriebe eingetragen, waren
es am 31. Dezember 2012 über 68.000;
darunter 18.500 Betriebe, deren In-
haber aus den MOE-Staaten kommen.
Vor In-Kraft-Treten der HwO-Novelle im
Jahr 2004 lag die Zahl der bestandenen
Meisterprüfungen im Fliesenlegerhand-
werk konstant bei etwa 550 pro Jahr,
mittlerweile sind es nur noch knapp 100
Meisterprüfungen, mithin ein Rückgang
um 80 %. Auch die Ausbildungsleistung
hat um mehr als die Hälfte abgenom-
men. Wurden im Jahr 2002 deutsch-
landweit noch knapp 4.500 Fliesenleger
ausgebildet, so waren es im Jahr 2012
nur noch etwas mehr als 2.000. Lang-
fristig werden durch diese Entwicklung
qualifizierte Mitarbeiter und Meister
fehlen, die eine praxisorientierte Ausbil-
dung vermitteln können.
Der Wegfall der Meisterpflicht für Flie-
senleger zum 1. Januar 2004 führte zu
einem gnadenlosen Unterbietungs-
wettlauf. Selbst florierende Unterneh-
men sahen sich gezwungen, langjährige
Mitarbeiter zu entlassen. Diesen blieb
nur der Weg sich – meist als Ein-Mann-
Betrieb - selbstständig zu machen, nicht
selten als Scheinselbstständige. Als sol-
che haben sie keinen Anspruch auf den
Tariflohn. Die Konkurrenz mit wenig
oder gar nicht qualifizierten Anbietern
drückte ihr Einkommen stetig weiter
nach unten. Kaum einer der mittlerwei-
le zu Einzelunternehmern geschrumpf-
ten Betriebe bildet noch aus. Ohnehin
ist die Branche unter den bestehenden
Bedingungen für den Nachwuchs wenig
attraktiv. Das Image hat zusätzlich gelit-
ten, weil ohne Fachkräfte die Qualität
der Arbeit in Verruf geraten ist. Kun-
den müssen mit gravierenden Mängeln
rechnen, die Schäden in Höhe von meh-
reren Tausend Euro nach sich ziehen.
Daher fordern auch IG BAU und ZDB
von der neuen Bundesregierung eine
Korrektur der HwO-Novelle. Es muss si-
chergestellt werden, dass Kunden für ihr
Geld fachgerechte Leistungen erhalten
und nicht erst über langwierige und oft
aussichtlose Prozesse hohe Schadens-
summen einklagen müssen. Ein auch
zukünftiges Angebot an Fach- und Meis-
terleistungen wird es aber nur geben,
wenn gut qualifizierte Kräfte sich nicht
weiterhin in Konkurrenz zu ungelernten
Dumpinganbietern gezwungen sehen.
Der einfachste Weg dahin ist die Rück-
kehr zur Meisterpflicht im Fliesen-, Plat-
ten- und Moaiklegerhandwerk.
Darüber hinaus stärkt eine solche Ent-
scheidung nicht nur das Fliesenleger-
handwerk, sondern wäre ein starkes
Zeichen für die duale Berufsausbildung,
um die Deutschland beneidet wird.
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